Archäologie zwischen Vergangenheit & Zukunft



Mainz ist eine der ältesten Städte der Bundesrepublik. Im Jahr 13 vor Chr. errichteten die Römer ein Militärlager, angelegt in Holz-Erde-Bauweise, zur Stationierung von zwei Legionen. Dies war der Ursprung der Landeshauptstadt von Rheinland-Pfalz. Der Name leitet sich vom lateinischen MOGONTIACUM her, was soviel wie "Siedlung des Mogontius" (angelehnt an den gallischen Gott Mogon, der bei den Römern mit Apollo zu vergleichen ist) bedeutet.
Im frühen Mittelalter wurde der Name zu Maganzia umgewandelt.
 

Von daher ist es auch gar nicht verwunderlich, daß bei Bauarbeiten sehr oft Funde/Befunde aus der Antike zu Tage kommen. Diese werden vom Landesamt für Denkmalpflege untersucht. Meist können dann nur durch sog. Notgrabungen (für eine ausgiebige Grabung ist in der Regel keine Zeit, da dies immer ein Baustop bedeutet) die wichtigsten archäologischen Informationen geborgen werden.

Auf dieser Seite werde ich nun über neue Grabungen berichten und, wenn möglich, auch ein paar Bilder hinzufügen.
 
 




Ausgrabung am Südbahnhof "CineStar"

Vor einiger Zeit befand sich an dieser Stelle noch ein Parkplatz. Aber nach Beendigung der Grabungsarbeiten wurde hier ein Großkino errichtet.

Zur Information: Nicht weit von der einstigen Grabungsstelle entfernt verlaufen die Eisenbahngleise und dahinter liegt im Hangbereich ein römisches Bühnentheater, das damals größte nördlich der Alpen mit einem Fassungsvermögen von rund 10000 Besuchern. Soweit möglich werden diese Überreste ganz freigelegt, um sie für die Öffentlichkeit auf Dauer sichtbar zu machen.





In der Baugrube am Südbahnhof fand man quadratische Fundamente, die zu einem Portikus (an den Seiten offener oder nur teilweise geschlossener Vorderbau) gehören könnten. Ein solcher würde sehr gut zu dem antiken Theater als Blendarkade passen. Insgesamt konnten bis jetzt fünf Basen (davon sind 3 zu sehen) geborgen werden. Auf ihnen befanden sich vermutlich Säulen, wobei auch Pfeiler möglich wären.

Portikus









Nur ein paar Meter davon entfernt hat man eine Straße aus dem Mittelalter (Karolinger-Zeit) ausgraben können. Die Fahrspuren sind noch deutlich zu sehen. Dicht neben dem linken Mauerrest (dort wo die gelben Hütchen stehen) befinden sich Prellsteine. Sie sind dazu da, daß die Räder die Mauer nicht beschädigen.

Straßentrasse











Auch hatte ich die Gelegenheit die sehr hübsche "Vogelfibel" zu fotografieren:

Fibel

Eigentlich ist die Bezeichnung nicht ganz richtig, da ein Greif dargestellt ist. Das Material ist Silber und wurde anschließend noch feuervergoldet. Auge und Schwanz bestehen aus eingelegten blutroten Halbedelsteinen (indischer Almandin).
Dieses Schmuckstück, mit dem die Frauen einen Umhang verschlossen, wird um etwa 800 n. Chr. datiert und wurde im Bereich der mittelalterlichen Straße gefunden.
 
 
 

Ein weiterer Fund - den bisher ältesten auf diesem Areal - entdeckten die Ausgräber in einer Siedlungsgrube. Es handelt sich dabei um eine Gefäßrandscherbe aus der Hallstattzeit (~800 vor Chr.). Daraus folgt, daß dieser Ort schon vor rund 2800 Jahren bewohnt gewesen sein muß.
 



 
 
 
 
 
 

Ausgrabung "Lotharpassage"
Das ISIS-Heiligtum

Im Herbst 1999 begannen in diesem Areal die Grabungsarbeiten. Es liegt mitten in der Mainzer Innenstadt etwa 6 m unter dem jetzigen Straßenniveau (Die Fundamente befinden sich heute im Untergeschoß des Einkaufszentrums "Römerpassage". Sie sind in der "Taberna Archaeologica" für jedermann zugänglich). Hier stießen die Archäologen auf Überreste einer umfangreichen römischen Tempelanlage (1. bis 4. Jh.). Die Bedeutung des heiligen Bezirkes ist in etwa vergleichbar mit den Anfang der 80er Jahre gefundenen Römerschiffen.

Noch unter den Befunden aus der Römerzeit befindet sich ein Bestattungsplatz der Kelten (Hallstattzeit / ~500 v. Chr.). Aber auch im Mittelalter war dieser Platz beliebt, wie Siedlungsspuren belegen.

Jedoch darf man sich den Tempel nicht mit Säulen und Postamenten vorstellen, so wie sie aus Rom bekannt sind. Der eigentliche Kultbau befand sich unter dem Laden "Woolworth". Eine römische Straße Führt zum Heiligtum hin.

Nun zum Sensationsfund: Es wurden römische Gebäudereste freigelegt die darauf hinweisen, daß die Anlage parzellenartig aufgeteilt gewesen war. Der Landesarchäologe Dr. Gerd Rupprecht vermutet, es könnte an Einzelne vermietet worden sein. Des weiteren kamen Opferschächte sowie Koch- und Feuerstellen (hier wurden Gaben für die antiken Götter zubereitet) zu Tage. Ein Beweis, daß es sich tatsächlich um den noch für Mainz gesuchten Tempelbezirk handelt, lieferten die in den Opferschächten gefundenen Öllämpchen und zusammengefalteten Bleiplättchen ("Fluchtäfelchen", auf ihnen befinden sich verschlüsselte Texte und magische Zeichen, deren Inhalt nur schwer zu entschlüsseln ist).

Zu den bedeutendsten Fundstücken zählt eine männliche Terrakottafigur. Aus kultisch-magischen Gründen wurde sie in der Mite zerbrochen. Der Oberkörper lag mit dem Gesicht nach unten in der Erde, der Unterkörper dagegen mit überdimensionalem Phallus zeigte nach oben. Zur Erklärung: Diese Person, für die symbolhaft die Figur steht, hatte etwas unrechtes getan und aus diesem Grund wurde der Terrakottafund so "bestattet" - vermutlich von einer Frau. Man hatte damals die Vorstellung, daß ein solches Ritual, bei dem das Gesicht nach unten gelegt wird, den Ausführenden der Kulthandlung vor weiterem Unheil schützt.

Im heiligen Bereich spielte die Liebe eine bedeutende Rolle. Ein Indiz dafür sind zahlreiche Votivgaben (gefundene Venus-Terrakotten, Liebespärchen aus Ton oder eine filigran geschnitzte Haarnadel mit einer Darstellung der Liebesgöttin).

Ein paar Wochen konnte ich auch bei der Ausgrabung mitwirken.